Keine Stellungnahme

ENTSCHEIDUNG: UR_2025_07
STATTGABE
PLATTFORM
LinkedIn
NORM
Gehässige und herabsetzende Inhalte
SPRACHE
Deutsch
DATUM
2025-08-05
MAßNAHME
Löschung von Inhalten

Entscheidung

- Aktenzeichen:XXXXX​ -


 

In dem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren zwischen

 


 

XXXXXXXXXXXXXXXX

- die beschwerdeführende Person -

und


 

​LinkedIn​

- Online-Plattform –

wegen 


 

​der Löschung von Inhalten​ auf Grundlage von ​LinkedIn​s Community-Richtlinien

 

hat die zertifizierte außergerichtliche Streitbeilegungsstelle User Rights durch ihre Streitschlichter am ​14.02.2025​ entschieden:

 

User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass ​LinkedIn​s Entscheidung, den Inhalt von der Plattform zu entfernen, ungerechtfertigt war. Der Inhalt verstößt nicht gegen die Community-Richtlinien und hätte auf dieser Grundlage nicht entfernt werden sollen. ​LinkedIn​ sollte den Inhalt daher wiederherstellen.

 

I. Zusammenfassung

Die Beschwerde betrifft einen Beitrag auf LinkedIn, in dem die beschwerdeführende Person den Rückgang des gesellschaftspolitischen Engagements gegen die AfD in Deutschland thematisiert. Der Beitrag erinnert an frühere Demonstrationen gegen die AfD und äußert Bedenken über das Nachlassen dieses Engagements vor den Landtagswahlen im Osten Deutschlands im Herbst 2024. Der Beitrag listet aktuelle Ereignisse auf, die laut beschwerdeführender Person Anlass für Proteste gegen rechtsextreme Tendenzen geben. 

User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung von LinkedIn, den Inhalt zu entfernen, ungerechtfertigt war. Der Beitrag verstößt nicht gegen die Community-Richtlinien von LinkedIn, insbesondere nicht gegen die Richtlinie zu gehässigen und herabsetzenden Inhalten. Die Kritik im Beitrag richtet sich gegen politische Aussagen und Handlungen der AfD, ohne Einzelpersonen oder Gruppen aufgrund ihrer angeborenen Merkmale anzugreifen. User Rights empfiehlt daher, den Inhalt wiederherzustellen.

II. Sachverhalt

Die Beschwerde betrifft einen Beitrag auf LinkedIn, den die beschwerdeführende Person am ​XX August 2024​ veröffentlichte. In dem streitgegenständlichen Beitrag schildert sie den von ihr wahrgenommenen Rückgang des Elans beim gesellschaftspolitischen Engagement gegen die AfD in Deutschland. Sie erinnert an die großen Demonstrationen im Frühjahr, bei denen Millionen gegen die AfD und für die Demokratie protestierten, und hebt dies als bedeutendes Zeichen der Zivilgesellschaft hervor. Die beschwerdeführende Person stellt in ihrem Beitrag jedoch fest, dass Monate später und kurz vor wichtigen Wahlen im Osten - die Rede ist von den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Herbst 2024 - dieser Elan nachgelassen zu haben scheint. Die beschwerdeführende Person betont, dass viele Themen diskutiert würden, hauptsächlich die Politik der Ampel-Koalition, aber nicht das Entscheidende. Sie äußert Bedenken, dass wichtige Themen übersehen würden. Deutschland sei müde, konstatiert sie. 

Schließlich listet der Beitrag aktuelle Ereignisse auf, die laut der beschwerdeführenden Person zum Auflehnen gegen Nazi anregen: Chrupalla rede von der SPD am Schafott – was eine eine abscheuliche Rhetorik sei; Das Wahlplakat eines AfD Direktkandidaten zeige den Hitlergruß in Brandenburg; Die AfD werbe weiterhin mit Remigration – was für Massendeportationen stehe; Björn Höcke verlange eine „Politik der wohltemperierten Grausamkeit“ 

Die beschwerdeführende Person argumentiert, dass dieses Verhalten der AfD nicht nur alarmierend sei, sondern auch eine direkte Bedrohung für die offene Gesellschaft darstelle. Sie fragt sich, warum die breite Front gegen den Rechtsextremismus scheinbar zerbrösele, und gibt zu bedenken, dass es zu optimistisch sein könnte, sich darauf zu verlassen, dass politische Parteien und die Wahlberechtigten bei den Wahlen in Ostdeutschland dieses Problem lösten. Jede Stimme zähle, auch wenn nur der Osten wähle. 

Der Beitrag enthält Hashtags gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Zivilcourage, das Foto zum Beitrag zeigt eine Demonstration gegen Rechtsextremismus, die im Frühjahr 2024 in Hamburg stattfand.

Am ​XX August 2024​ entfernte ​LinkedIn​ den Inhalt von der Plattform. Am 20. August 2024 legte die beschwerdeführende Person die Entscheidung von LinkedIn bei User Rights zur Überprüfung vor. Bei der Einreichung der Beschwerde an User Rights wurde die beschwerdeführende Person gebeten, relevanten Kontext anzugeben. Die beschwerdeführende Person ist der Auffassung, dass ihr Beitrag nicht gegen die Community-Richtlinien von LinkedIn verstoße. Am 23. August 2024 informierte User Rights LinkedIn über die Beschwerde bei User Rights und gab die Möglichkeit zur Stellungnahme.

User Rights forderte LinkedIn auf, zusätzliche Informationen zur Rechtfertigung der getroffenen Moderationsentscheidung bereitzustellen. ​LinkedIn​ reagierte auf diese Aufforderung hin nicht, bevor die Frist abgelaufen war.

III. Zulässigkeit

Die Beschwerde ist zulässig. User Rights ist zertifiziert, um Streitigkeiten zwischen Anbietern von Online-Plattformen und Nutzern in Bezug auf die Moderation von Inhalten, die auf einer Social-Media-Plattform auf Deutsch oder Englisch veröffentlicht wurden, zu entscheiden. LinkedIn ist eine Social-Media-Plattform. Der relevante Inhalt ist in Deutsch verfasst, also in einer Sprache, für die User Rights zertifiziert ist. ​LinkedIn​ hat Inhalte entfernt, die die beschwerdeführende Person auf ​LinkedIn​ geteilt hatte. Die Entfernung von Inhalten stellt eine Maßnahme dar, die gemäß Art. 20 Abs. 1 a) und Art. 21 Abs. 1 DSA bei User Rights angefochten werden kann. 

IV. Begründetheit

Die Beschwerde ist begründet.

User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung von ​LinkedIn​, den Inhalt von der Plattform zu entfernen, ungerechtfertigt erging. Der Inhalt verstößt nicht gegen die Community-Richtlinien von LinkedIn und hätte auf dieser Grundlage nicht entfernt werden sollen. ​LinkedIn​ sollte den Inhalt daher wiederherstellen.

1. Prüfungsumfang

User Rights beschränkt die Prüfung auf die von der Plattform in ihrer Stellungnahme angeführte Regelung. Die Vereinbarkeit mit möglichen anderen Vorschriften wird nicht überprüft. Der Grund dafür ist, dass die Online-Plattform  gemäß Art. 17 DSA eine Maßnahme unter Angabe einer spezifischen Regelung in ihren Richtlinien begründen muss  (Art. 17 Abs. 3 e) DSA). Der Beschwerdegegenstand bestimmt sich damit maßgeblich danach, auf welche Regelung die Plattform ihre Maßnahme stützt. 

Sollte die Plattform im Anschluss eines Verfahrens feststellen, dass eine andere Richtlinie verletzt wurde, muss eine weitere Moderationsentscheidung getroffen und dem Nutzer eine neue Begründung übermittelt werden, die einen Hinweis auf diese Richtlinie enthält. Der Nutzer hat dann das Recht, diese Entscheidung gemäß Art. 20 oder Art. 21 DSA anzufechten.

User Rights liegt – trotz mehrmaliger Nachfristsetzung – keine Stellungnahme von LinkedIn zur Löschung des Beitrags vor. Auch gegenüber der beschwerdeführenden Person zeigte die Plattform nach Informationen von User Rights nicht auf, auf welche konkrete Richtlinie sie sich bei ihrer Moderationsentscheidung stützte. LinkedIn wird aufgefordert, in künftigen Verfahren die konkrete Richtlinie anzugeben, gegen die die beschwerdeführende Person angeblich verstoßen haben soll. 

2. Inhaltliche Prüfung

User Rights stützt seine Entscheidung auf die aktuelle Fassung der Richtlinien der Online-Plattform. 

Die Community-Richtlinien von LinkedIn sind vorliegend nicht verletzt. Am ehesten käme noch eine Unvereinbarkeit des Beitrags mit der Richtlinie zu gehässigen und herabsetzenden Inhalten in Betracht. Für eine mögliche Verletzung der anderen Richtlinien gibt es keinerlei Anhaltspunkte. 

Der Beitrag der beschwerdeführenden Person verstößt jedoch auch nicht gegen die Richtlinie zu gehässigen und herabsetzenden Inhalten von LinkedIn. Der Beitrag äußert Kritik an der AfD und deren Rhetorik, ohne jedoch Einzelpersonen oder Gruppen aufgrund ihrer angeborenen Merkmale anzugreifen, zu verunglimpfen oder zu diskriminieren. 

Die Richtlinie zu gehässigen und herabsetzenden Inhalten von LinkedIn zielt darauf ab, Inhalte zu entfernen, die Einzelpersonen oder Gruppen aufgrund ihrer angeborenen Merkmale angreifen, verunglimpfen oder diskriminieren. Dies umfasst unter anderem Aufrufe zu Hass oder Gewalt, die Verwendung von abwertenden Ausdrücken sowie die Förderung von hasserfüllten Ideologien. 

Im vorliegenden Fall beschreibt die beschwerdeführende Person Ereignisse und Äußerungen von Mitgliedern der AfD, die sie als alarmierend und bedrohlich für die Gesellschaft empfindet. Die Kritik richtet sich gegen politische Aussagen und Handlungen, nicht gegen angeborene Merkmale von Personen. 

Wenn es um gemäß der Richtlinie möglicherweise hasserfülltes Verhalten der AfD-Politiker selbst geht, so z.B. die Befürwortung der “Remigration” und einer “Politik der wohltemperierten Grausamkeit,” macht sich die beschwerdeführende Person diese nicht zu eigen, sondern prangert diese an. Die Richtlinie erlaubt es LinkedIn-Mitgliedern, tatsächliches oder vermeintlich hasserfülltes Verhalten anzuprangern, solange dies nicht gegen andere Richtlinien verstößt. Der Beitrag der beschwerdeführenden Person fällt unter diese Ausnahme, da er auf problematische politische Äußerungen hinweist und zur Wachsamkeit gegenüber rechtsextremen Tendenzen aufruft. Dies steht im Einklang mit dem Ziel der Richtlinie, eine Plattform frei von Hassrede zu gewährleisten, während gleichzeitig Raum für kritische Auseinandersetzungen mit gesellschaftlichen Themen bleibt.

V. Ergebnis

User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass ​LinkedIn​s Entscheidung, den Inhalt von der Plattform zu entfernen, ungerechtfertigt war. Der Inhalt verstößt nicht gegen die ​Richtlinie zu gehässigen und herabsetzenden Inhalten​ und hätte auf dieser Grundlage nicht entfernt werden sollen. ​LinkedIn​ sollte den Inhalt daher wiederherstellen.

 

Hinweis: Die Entscheidungen von außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen sind gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 3 DSA für Plattformen nicht bindend. Im Rahmen ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit nach Treu und Glauben gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 1 des DSA müssen Plattformen jedoch prüfen, ob Gründe gegen die Umsetzung der Entscheidung sprechen und die Streitbeilegungsstellen über die Umsetzung der Entscheidung informieren.

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