Entscheidung
- Aktenzeichen: XXXXX -
In dem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren zwischen
XXXXXXXXXX
- die beschwerdeführende Person -
und
TikTok
- Online-Plattform –
wegen
der dauerhaften Sperrung eines Accounts auf Grundlage von TikToks Richtlinie zu Belästigung und Mobbing
hat die zertifizierte außergerichtliche Streitbeilegungsstelle User Rights durch ihre Streitschlichter am 20.02.2025 entschieden
User Rights hält TikToks Entscheidung aufrecht, das Konto der beschwerdeführenden Person dauerhaft zu sperren. Zu einer solchen Maßnahme sind Plattformbetreiber in schwerwiegenden Ausnahmefällen befugt, in denen Nutzer wiederholt gegen Richtlinien verstoßen. Der Nutzer verstieß wiederholt gegen die Richtlinien der Online-Plattform.
I. Zusammenfassung
Die Beschwerde betrifft die dauerhafte Sperrung des TikTok-Kontos der beschwerdeführenden Person, die unter dem Nutzernamen XXXXXXXXXXXXXXX sechs Videos veröffentlicht hatte. Diese Videos stellten den Nutzer XXXXXXXXXXXXXXXXXXX wiederholt in herabwürdigender Weise dar, indem sie sein Aussehen und seine Persönlichkeit diffamierten. TikTok sperrte das Konto aufgrund von Verstößen gegen die Richtlinie zu Belästigung und Mobbing.
User Rights hält die Entscheidung von TikTok aufrecht, das Konto dauerhaft zu sperren. Die Videos der beschwerdeführenden Person verstoßen gegen die Richtlinien der Plattform, da sie systematisch zur Herabwürdigung eines anderen Nutzers genutzt wurden. Angesichts der Schwere und Häufigkeit der Verstöße ist die dauerhafte Sperrung des Kontos gerechtfertigt. Die Meinungs- und Berufsfreiheit der beschwerdeführenden Person muss hinter den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Nutzer zurückstehen.
II. Sachverhalt
Die Beschwerde betrifft die dauerhafte Sperrung des Kontos der beschwerdeführenden Person.
Die Entscheidung betrifft sechs Videos, die von der beschwerdeführenden Person unter dem Nutzernamen XXXXXXXXXXXXXXX auf TikTok veröffentlicht wurden. Zuvor war das Konto XXXXXXXXXXXXXX, ebenfalls von der beschwerdeführenden Person geführt, wegen Verstoßes gegen die Richtlinie zu Belästigung und Mobbing gesperrt worden.
Video 1 zeigt einen Screenshot aus einem Video des TikTok-Kontos XXXXXXXXXXXXXXXXXXX, auf dem der Kontoinhaber mit geöffnetem Mund, jedoch ohne sichtbare Zähne, zu sehen ist. Darauf wurde ein Videoausschnitt zweier lachender Personen platziert, was den Eindruck erweckt, dass sich das Lachen auf den Screenshot bezieht.
Video 2 zeigt einen kurzen Ausschnitt aus einem Live-Video von XXXXXXXXXXXXXXXXXXX, in dem ein anderer TikTok-Nutzer, offenbar türkischer Nationalität, als Gesprächspartner beitritt. Seine Stimme wird durch Musik überdeckt. Der Kontoinhaber fordert die Person auf zu gehen, man solle den “Müll” rausschmeißen. Der Text der beschwerdeführenden Person besagt, es sei seiner Ansicht nach eine normale Frage, und fragt, welche Reaktion man darauf erhalte. Er sei aber die Person, die aufhören soll zu mobben.
Video 3 zeigt ein Foto des Kontoinhabers von XXXXXXXXXXXXXXXXXXX, auf dem ein Videofenster mit einer Szene aus einem Animationsfilm platziert wurde. Die Figur sagt in der Szene unter anderem: "Totaler Ekel."
Video 4 zeigt im Hintergrund XXXXXXXXXXXXScreenshots des Kontoinhabers von XXXXXXXXXXXXXXXXXXX. Darauf wurde ein Videoausschnitt eines Mannes platziert, der mit Ekel in der Stimme wiederholt: "What's that, brother?" Dies erweckt den Eindruck, dass sich die Reaktion auf die Screenshots bezieht.
Video 5 enthält eine Bild-Text-Collage. Auf dieser ist der Schriftzug "SPARGELTARZAN" zu lesen. Der Schriftzug ist um die Zeichnung einer Spargelstange mit menschlichen Zügen herum, auf der ein Fotoausschnitt des Kopfes von XXXXXXXXXXXXXXXXXXX platziert wurde, angeordnet. Ein Metal-Song im Hintergrund kritisiert das Verhalten des Nutzers XXXXXXXXXXXXXXXXXXX und enthält unter anderem die Aussagen, dass dieser "Dreck labere", "ein Betrüger sei" und "andere um ihr Geld bringe". Der Text der beschwerdeführenden Person, welcher auf dem Video platziert wurde, behauptet, er sei noch nicht fertig, aber offen für Rückmeldungen.
Video 6 zeigt einen Screenshot des gesperrten Kontos XXXXXXXXXXXXXXX mit einem geteilten Beitrag des Kontos XXXXXXXXXXXXXXX, unterlegt mit einer Audio-Aufnahme. Die beschwerdeführende Person schrieb auf den Beitrag es sei völlig widerwärtig und wegen dem Video sei sein anderer Account gesperrt worden, er würde sicherlich auch eine Verwarnung für Belästigung und Mobbing erhalten.
Am XX Dezember 2024 sperrte TikTok das Konto der beschwerdeführenden Person dauerhaft. Am 23. Dezember 2024 legte die beschwerdeführende Person die Entscheidung von TikTok bei User Rights zur Überprüfung vor. Bei der Einreichung der Beschwerde an User Rights wurde die beschwerdeführende Person gebeten, relevanten Kontext anzugeben. Die beschwerdeführende Person behauptet, dass sie nur Satire- oder Bildungsvideos hochgeladen habe, die häufig mit der Begründung von Belästigung und Mobbing blockiert würden, obwohl dies nicht der Fall sei. Sie erwähnt, dass die Videos auf einem Kanal blockiert würden, aber nicht auf anderen, obwohl es sich um exakt denselben Inhalt handele. Außerdem glaubt die beschwerdeführende Person, dass die Videos nicht ordnungsgemäß überprüft würden.
Am 7. Januar 2025 informierte User Rights TikTok über die Beschwerde bei User Rights und gab die Möglichkeit zur Stellungnahme. TikTok führte aus, dass die sechs Videos gegen seine Richtlinie zu Belästigung und Mobbing verstießen.
III. Zulässigkeit
Die Beschwerde ist zulässig. User Rights ist zertifiziert, um Streitigkeiten zwischen Anbietern von Online-Plattformen und Nutzern in Bezug auf die Moderation von Inhalten, die auf einer Social-Media-Plattform auf Deutsch oder Englisch veröffentlicht wurden, zu entscheiden. TikTok ist eine Social-Media-Plattform. Der relevante Inhalt ist in Deutsch verfasst, also in einer Sprache, für die User Rights zertifiziert ist. TikTok hat das Konto dauerhaft gesperrt. Die dauerhafte Sperrung von Benutzerkonten stellt eine Maßnahme dar, die gemäß Art. 20 Abs. 1 a) und Art. 21 Abs. 1 DSA bei der außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle User Rights überprüft werden kann.
IV. Begründetheit
Die Beschwerde ist unbegründet.
User Rights hält die Entscheidung aufrecht, das Konto dauerhaft zu sperren. Der Nutzer hat wiederholt gegen die Richtlinien von TikTok verstoßen. TikTok war berechtigt, das Konto auf dieser Grundlage zu sperren.
1. Prüfungsumfang
In ihrer Stellungnahme gegenüber User Rights erklärte die Online-Plattform, dass die Maßnahme aufgrund ihrer Richtlinie zu Belästigung und Mobbing erfolgt sei.
User Rights beschränkt die Prüfung auf die von der Plattform in ihrer Stellungnahme angeführte Regelung. Die Vereinbarkeit mit möglichen anderen Vorschriften wird nicht überprüft. Der Grund dafür ist, dass die Online-Plattform gemäß Art. 17 DSA eine Maßnahme unter Angabe einer spezifischen Regelung in ihren Richtlinien begründen muss (Art. 17 Abs. 3 e) DSA). Der Beschwerdegegenstand bestimmt sich damit maßgeblich danach, auf welche Regelung die Plattform ihre Maßnahme stützt.
Sollte TikTok im Anschluss dieses Verfahrens feststellen, dass eine andere Richtlinie verletzt wurde, muss eine weitere Moderationsentscheidung getroffen und dem Nutzer eine neue Begründung übermittelt werden, die einen Hinweis auf diese Richtlinie enthält. Der Nutzer hat dann das Recht, diese Entscheidung gemäß Art. 20 oder Art. 21 DSA anzufechten.
2. Inhaltliche Prüfung
User Rights stützt seine Entscheidung auf die aktuelle Fassung der Richtlinien der Online-Plattform.
Diese setzen zunächst im Einzelnen Verstöße gegen die Gemeinschaftsstandards auf der Plattform voraus (a.). In schwerwiegenden Fällen wiederholter Verstöße trotz Verwarnungen können diese eine dauerhafte Accountsperre rechtfertigen (b.).
a. Die von der beschwerdeführenden Person geteilten Inhalte verstoßen gegen die Richtlinie zu Belästigung und Mobbing.
Die Richtlinie zu Belästigung und Mobbing von TikTok hat das Ziel, eine respektvolle Kommunikation zu fördern und sicherzustellen, dass Nutzer ihre Meinungen äußern können, ohne Angst vor Erniedrigung oder Schikane haben zu müssen. Die Richtlinie verbietet belästigende, erniedrigende oder schikanierende Äußerungen oder Verhaltensweisen und umfasst auch Vergeltungsmaßnahmen gegen solche Handlungen.
Die spezifische Regel, die hier relevant ist, betrifft die Herabwürdigung einer Person aufgrund ihres persönlichen Aussehens oder ihrer persönlichen Umstände. Die Richtlinie verbietet explizit das Herabwürdigen einer Person aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Intelligenz sowie das Zeigen von Inhalten, die eine Person körperlich drangsalieren.
In den Videos der beschwerdeführenden Person wird XXXXXXXXXXXXXXXXXXX wiederholt in einer Weise dargestellt, die als herabwürdigend angesehen werden kann. Video 1 zeigt einen Screenshot von seinem Gesicht und eine lachende Reaktion darauf, was den Eindruck erweckt, dass sich das Lachen auf das Aussehen von XXXXXXXXXXXXXXXXXXX bezieht. Video 3 und 4 verwenden Szenen aus Filmen und Videos mit abfälligen Kommentaren über das Aussehen des Kontoinhabers. Diese Darstellungen zielen darauf ab, den Kontoinhaber aufgrund seines Aussehens herabzuwürdigen und stellen somit eine Verletzung der Richtlinie dar.
Zusätzlich enthält Video 5 eine Bild-Text-Collage mit abfälligen Kommentaren über das Verhalten des Nutzers sowie beleidigende Aussagen im Hintergrundlied. Diese Inhalte tragen zur koordinierten Belästigung bei und fördern eine negative Darstellung des Kontoinhabers auf der Plattform. Daher verstoßen diese Inhalte gegen die Richtlinie zu Belästigung und Mobbing.
b. Die streitgegenständlichen Videos erfüllen den Zweck, den Nutzer des Kontos XXXXXXXXXXXXXXXXXXX systematisch aufgrund seines Aussehens und seiner Persönlichkeit herabzuwürdigen. Die Herabwürdigung in seiner persönlichen Ehre steht dabei im Zentrum, wobei sachliche Kritik an seinem Verhalten auf TikTok in den Hintergrund rückt. Auf die Spitze wird dies durch den von der beschwerdeführenden Person eigens kreierten Song über XXXXXXXXXXXXXXXXXXX getrieben, der allein darauf abzielt, diesen zu diffamieren. Zu berücksichtigen ist auch, dass es aufgrund Belästigung und Mobbing durch ehrverletzende Posts der beschwerdeführenden Person bereits zu dauerhaften Sperren anderer Vorgängerkonten, wie z. B. XXXXXXXXXXXXXXX kam. Dies gibt die beschwerdeführende Person in den streitgegenständlichen Videobeiträgen selber zu. Zum Zeitpunkt der Entscheidung sind weitere neue Konten der beschwerdeführenden Person auf TikTok zu finden, die das alleinige Ziel verfolgen, Nutzer wie XXXXXXXXXXXXXXXXXXX verächtlich zu machen. Diese sind jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung.
Aufgrund der Schwere, Häufigkeit und Systematik der Richtlinienverstöße ist eine dauerhafte Kontosperrung in der Konsequenz angemessen.
Diese Beurteilung hält auch einer Grundrechteprüfung nach Art. 14 Abs. 4 DSA Stand. Zwar ist die beschwerdeführende Person von einem schwerwiegenden Eingriff in ihr Recht auf Meinungs- und Berufsfreiheit betroffen, da sie laut eigener Aussage mit der Unterhaltung ihrer Konten auch Geld verdient. Allerdings muss der Schutz ihrer Meinungs- und Berufsfreiheit klar hinter den Persönlichkeitsrechten von Nutzern wie XXXXXXXXXXXXXXXXXXX zurückstehen, wenn der Hauptzweck des streitgegenständlichen Kontos und seiner Beiträge in dessen persönlicher Herabwürdigung besteht. Ein solcher Zweck verdient gegenüber den Persönlichkeitsrechten der von Mobbing und Belästigung betroffenen Nutzer keinen Schutz.
V. Ergebnis
User Rights hält TikToks Entscheidung aufrecht, das Konto der beschwerdeführenden Person dauerhaft zu sperren. Zu einer solchen Maßnahme sind Plattformbetreiber in schwerwiegenden Ausnahmefällen befugt, in denen Nutzer wiederholt gegen Richtlinien verstoßen. Der Nutzer verstieß wiederholt gegen die Richtlinien der Online-Plattform.
Hinweis: Die Entscheidungen von außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen sind gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 3 DSA für Plattformen nicht bindend. Im Rahmen ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit nach Treu und Glauben gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 1 des DSA müssen Plattformen jedoch prüfen, ob Gründe gegen die Umsetzung der Entscheidung sprechen und die Streitbeilegungsstellen über die Umsetzung der Entscheidung informieren.