Entscheidung
- Aktenzeichen: XXXXX -
In dem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren zwischen
XXXXXXXXXX
- die beschwerdeführende Partei -
und
Instagram
- Online-Plattform –
wegen
Instagrams Entscheidung, gemeldete Inhalte nicht zu löschen
hat die zertifizierte außergerichtliche Streitbeilegungsstelle User Rights durch ihre Streitschlichter am 29.04.2025 entschieden:
User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung von Instagram, den Inhalt auf der Plattform zu belassen, ungerechtfertigt ist. User Rights stellt fest, dass der Inhalt gegen das Gesetz verstößt und daher entfernt werden sollte.
I. Zusammenfassung
Die Beschwerde betrifft einen Kommentar eines Nutzers auf Instagram, der den Text "Der Song wurde durch Sylt verbessert" mit Emojis einer den rechten Arm hebenden Person enthält. Der Kommentar wurde unter einem Reel gepostet, das sich auf eine in rechtsextremen Kreisen verbreitete Version des Liedes "L'amour toujours" bezieht. Die beschwerdeführende Partei meldete den Kommentar als rechtswidrig, da er rechte Codes und Symbole, wie den Hitlergruß, verwendet.
User Rights stellt fest, dass der Kommentar gegen § 86a StGB verstößt, da die Emojis im Kontext als Darstellung des Hitlergrußes interpretiert werden können. Der Kommentar ist somit rechtswidrig. User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass Instagram den Inhalt hätte entfernen müssen und empfiehlt, den Kommentar von der Plattform zu löschen.
II. Sachverhalt
Die Beschwerde betrifft Inhalte, die von einem dritten Nutzer namens XXXXXXX veröffentlicht wurden. Der streitgegenständliche Inhalt ist ein Kommentar dieses Nutzers, welcher besagt, das Lied sei durch Sylt besser geworden. Dem Text folgen Emoji, die jeweils eine braunhaarige Person mit rotem Oberteil darstellen, die die rechte Hand hebt. Der Kommentar wurde unter einem Reel des Nutzers XXXXX gepostet. Es handelt sich um die Live-Aufnahme eines Konzerts, auf dem der Song "L’amour toujours" von Gigi D'Agostino gespielt wurde. Der Nutzer XXXXX hat auf dem Video den Text platziert: "Damals...als der Song noch nicht zerstört wurde." Mit dieser Äußerung spielt er auf die in rechtsextremen Kreisen kursierende Version des Liedes mit dem deutschen Text "Ausländer raus..." an. Bekanntheit erlangte diese Version durch ein auf Sylt entstandenes Privatvideo von April 2024, welches junge Menschen in einem Edelclub auf Sylt zeigte, die zu diesem Lied feierten. Die aufgenommenen Personen sangen das Lied mit. Ein junger Mann zeigte dabei den Hitlergruß (Staib, Julian, in SZ, Verfahren um Ausländer raus-Gesänge auf Sylt abgeschlossen, 28.04.2025, abgerufen am 29.04.2025 unter https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/auslaender-raus-gesaenge-auf-sylt-verfahren-gegen-drei-personen-eingestellt-110443337.html).
Die beschwerdeführende Partei informierte Instagram über Inhalte, die ihrer Meinung nach illegal waren. Am XX April 2025 teilte die Online-Plattform der beschwerdeführenden Partei mit, dass der Inhalt nicht von der Plattform entfernt würde.
Am XX April 2025 legte die beschwerdeführende Partei die Entscheidung von Instagram bei User Rights zur Überprüfung vor. Sie erklärte, der Kommentar sei unter einem Reel gepostet worden, in dem sich darüber beschwert werde, dass das Lied "L'amour toujours" durch Rechtsextreme auf Sylt umgedichtet worden sei. Die neue Version des Liedes enthalte die Worte "Ausländer raus, Ausländer raus, Deutschland den Deutschen, Ausländer raus". Nach ausführlicher medialer Berichterstattung habe sich das Lied, insbesondere im Zusammenhang mit Sylt, zu einem Erkennungszeichen von extrem Rechten entwickelt. Die Aussage zu dem Lied sei daher eindeutig eine Bekundung zu dieser Version und zu extrem rechten Ansichten. Zudem zeige sie, dass der Verfasser des gemeldeten Kommentars mit rechten Codes vertraut sei und diese zu nutzen wisse. Der relevante Teil für die Meldung seien die auf den Text folgenden Emojis. Die klassischen Bedeutungen eines Winkens oder Meldens machten in diesem Kontext keinen Sinn. Stattdessen habe der Verfasser die Emoji-Darstellung des Hitlergrußes genutzt. Dieser Code sei im rechtsextremen Kontext weit verbreitet und dem Verfasser geläufig, da er bereits durch seine Erwähnung von Sylt signalisiert habe, dass er solche Codes kenne und nutze. Die beschwerdeführende Partei erklärte, dass sie der Meinung sei, dass der Inhalt gegen gesetzliche Bestimmungen verstoße.
Am 10. April 2025 informierte User Rights Instagram über die Beschwerde bei User Rights und gab die Möglichkeit zur Stellungnahme. Instagram konstatierte, dass der streitgegenständliche Kommentar ihrer Ansicht nach anwendbares Recht oder Rechte der beschwerdeführenden Partei nicht verletze.
III. Zulässigkeit
Die Beschwerde ist zulässig.
User Rights ist zertifiziert, um Streitigkeiten zwischen Anbietern von Online-Plattformen und Nutzern in Bezug auf die Moderation von Inhalten, die auf einer Social-Media-Plattform auf Deutsch oder Englisch veröffentlicht wurden, zu entscheiden. Instagram ist eine Social-Media-Plattform. Der relevante Inhalt ist in Deutsch verfasst, also in einer Sprache, für die User Rights zertifiziert ist. Die beschwerdeführende Partei informierte Instagram über Inhalte, die sie für rechtswidrig hielt. Instagram informierte die beschwerdeführende Partei, dass der Inhalt auf der Plattform bleiben würde. Gemäß Art. 20 Abs. 1 a) und Art. 21 Abs. 1 DSA kann die Entscheidung, Inhalte auf der Plattform zu belassen, bei der außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle User Rights überprüft werden.
IV. Begründetheit
Die Beschwerde ist begründet.
User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung von Instagram auf, den Inhalt auf der Plattform zu belassen, falsch war. User Rights stellt fest, dass der Inhalt gegen das Gesetz verstößt und daher entfernt werden muss.
1. Prüfungsumfang
Wenn Anbieter von Online-Plattformen entscheiden, Inhalte nach einem Hinweis auf deren potenzielle Rechtswidrigkeit auf der Plattform zu belassen, prüft User Rights umfassend im Rahmen seiner Befugnisse, ob die Inhalte gegen Rechtsvorschriften verstoßen. Wenn dies nicht der Fall ist, prüft User Rights, ob die Inhalte gegen die Richtlinien der Online-Plattform verstoßen.
2. Inhaltliche Prüfung
User Rights stellt fest, dass die Inhalte rechtswidrig i.S.v. Art. 3 lit. h) DSA sind. Sie sollten daher entfernt werden. Nach Art. 3 lit. h) DSA sind rechtswidrige Inhalte alle Informationen, die als solche nicht im Einklang mit dem Recht eines Mitgliedstaats stehen, ungeachtet des genauen Gegenstands oder der Art der betreffenden Rechtsvorschriften. Dies ist vorliegend gegeben:
Der Kommentar verstößt aufgrund der sich an den Text anschließenden Emojis gegen § 86a StGB. Mit den Emojis werden Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen im Sinne des § 86 StGB verwendet. Zwar zeigen die Emojis zunächst nur eine Person, die die rechte Hand hebt oder mit dieser winkt. Liest man den Kommentar im Zusammenhang mit dem ihm übergeordneten Reel, ist offensichtlich, dass der dritte Nutzer damit jedoch den Hitlergruß darstellen möchte. Er spielt auf die rechten Parolen sowie den gezeigten Hitlergruß im Sylt-Video an und heißt diese gut, indem er in seinem Kommentar die Meinung vertritt, der Song sei durch die in rechtsextremen Kreisen verbreitete Version “Ausländer raus” verbessert worden.
§ 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB belegt die Verwendung von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Nach § 86a Abs. 2 StGB umfassen Kennzeichen auch Grußformen. Der Hitlergruß ist eine Grußform aus der Nazizeit bzw. Regierungszeit der NSDAP, womit die Loyalität und Anhängerschaft gegenüber Hitler als Führer und der NSDAP kundgetan wurde. Gemäß §§ 86a Abs. 1 Nr. 1, 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist die NSDAP eine ehemalige nationalsozialistische Organisation. Der Hitlergruß ist ein ihr zuzuordnendes Kennzeichen (https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/auslaender-raus-gesaenge-auf-sylt-verfahren-gegen-drei-personen-eingestellt-110443337.html ). Indem der dritte Nutzer diesen mithilfe seiner Emojis in seinem Kommentar darstellte, verwendete er diesen in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§§ 86a Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 3 StGB). Unter den Begriff der Inhalte gemäß § 11 Abs. 3 StGB fallen auch “solche, die unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden”. Somit ist auch der streitgegenständliche Kommentar des dritten Nutzers davon erfasst.
Dieser erfüllt den Tatbestand des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB und ist rechtswidrig. Die Entscheidung, ihn auf der Plattform zu belassen, kann nicht gerechtfertigt werden.
V. Ergebnis
User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung von Instagram, den Inhalt auf der Plattform zu belassen, ungerechtfertigt ist. User Rights stellt fest, dass der Inhalt gegen das Gesetz verstößt und daher entfernt werden sollte.
Hinweis: Die Entscheidungen von außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen sind gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 3 DSA für Plattformen nicht bindend. Im Rahmen ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit nach Treu und Glauben gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 1 des DSA müssen Plattformen jedoch prüfen, ob Gründe gegen die Umsetzung der Entscheidung sprechen und die Streitbeilegungsstellen über die Umsetzung der Entscheidung informieren.