Friedenszeichen

ENTSCHEIDUNG: UR_2025_29
ERFOLGREICH
PLATTFORM
TikTok
NORM
Hassrede und Hasserfülltes Verhalten
SPRACHE
Deutsch 
DATUM
Juli 2025
MAßNAHME
Löschung von Inhalten


Entscheidung

- Aktenzeichen: ​XXXX​ -


 

In dem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren zwischen

 


 

XXXXXXXXXXX​

- die beschwerdeführende Partei -

und


 

​TikTok​

- Online-Plattform –

wegen 


 

​der Löschung von Inhalten​ auf Grundlage von ​TikTok​s ​Richtlinie zu Hassrede und hasserfülltem Verhalten
 

hat die zertifizierte außergerichtliche Streitbeilegungsstelle User Rights durch ihre Streitschlichter am ​17.07.2025​ entschieden:
 

User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass ​TikTok​s Entscheidung, den Inhalt von der Plattform zu entfernen, ungerechtfertigt war. Der Inhalt verstößt nicht gegen die ​Richtlinie zu Hassrede und hasserfülltem Verhalten und hätte auf dieser Grundlage nicht entfernt werden sollen. ​TikTok​ sollte den Inhalt daher wiederherstellen.

 

I. Zusammenfassung

Die Beschwerde betrifft einen Kommentar der beschwerdeführenden Partei auf TikTok, der eine palästinensische Flagge und ein Friedenszeichen thematisiert und mit dem Satz endet, dass die Person dumm sei. TikTok entfernte den Kommentar mit der Begründung, er verstoße gegen die Richtlinie zu Hassrede und hasserfülltem Verhalten. Die beschwerdeführende Partei legte Beschwerde bei User Rights ein und argumentierte, dass der Kommentar sarkastisch gemeint und auf sie selbst bezogen sei. 

User Rights stellt fest, dass der Kommentar nicht gegen die Richtlinie zu Hassrede oder hasserfülltem Verhalten verstößt. Der Kommentar enthält keine Angriffe auf geschützte Gruppen oder Förderung von hasserfüllten Ideologien. Er bezieht sich auf eine politische Debatte ohne diskriminierende Aussagen gegenüber einer Ethnie, Nationalität oder Religion. Daher hebt User Rights die Entscheidung von TikTok auf und empfiehlt, den Inhalt wiederherzustellen.

II. Sachverhalt

Gegenstand der Beschwerde ist ein durch die beschwerdeführende Partei veröffentlichter Kommentar. Dieser verweist auf eine Palästina Flagge und ein Friedenszeichen nebeneinander, dies sei nicht mal Doppelmoral, die Person sei nur dumm. 

Am XX. April 2025​ entfernte ​TikTok​ den Inhalt von der Plattform.

Am XX Mai 2025 legte die beschwerdeführende Partei die Entscheidung von TikTok bei User Rights zur Überprüfung vor. Die beschwerdeführende Person erklärte, dass sie in den beanstandeten Kommentaren weder gehetzt noch beleidigt habe. Die Aussage, dass die andere Person dumm sein, sei sarkastisch gemeint gewesen und habe sich auf sie selbst bezogen, als Kommentar zu ihrem eigenen Beitrag. Zudem seien einige dieser Kommentare bereits mehrere Monate alt. Dennoch sei ihr Konto gesperrt worden, was sich, ob beabsichtigt oder nicht, negativ auf ihre Reichweite und den Algorithmus ausgewirkt habe. Ihr Account sei sogar zeitweise vollständig deaktiviert gewesen. Trotz mehrfacher Versuche, TikTok zu kontaktieren, erhalte sie immer wieder dieselbe automatisierte Antwort, ohne dass auf ihr konkretes Anliegen eingegangen werde. 

Am 19. Mai 2025 informierte User Rights TikTok über die Beschwerde bei User Rights und gab die Möglichkeit zur Stellungnahme. User Rights forderte TikTok auf, zusätzliche Informationen zur Rechtfertigung der getroffenen Moderationsentscheidung bereitzustellen. Die Plattform erklärte daraufhin, dass die Inhalte gegen ihre Richtlinie zu Hassrede und hasserfülltem Verhalten verstießen. 

III. Zulässigkeit

Die Beschwerde ist zulässig. 

User Rights ist zertifiziert, um Streitigkeiten zwischen Anbietern von Online-Plattformen und Nutzern in Bezug auf die Moderation von Inhalten, die auf einer Social-Media-Plattform auf Deutsch oder Englisch veröffentlicht wurden, zu entscheiden. TikTok ist eine Social-Media-Plattform. Der relevante Inhalt ist in Deutsch verfasst, also in einer Sprache, für die User Rights zertifiziert ist. ​TikTok​ hat Inhalte entfernt, die die beschwerdeführende Partei auf ​TikTok​ geteilt hatte. Die Entfernung von Inhalten stellt eine Maßnahme dar, die gemäß Art. 20 Abs. 1 a) und Art. 21 Abs. 1 DSA bei User Rights angefochten werden kann. Beschwerdegegenstand ist hier ausschließlich die Entfernung des Kommentars durch TikTok, zu der die beschwerdeführende Partei entsprechende Belege in Form von Screenshots beigebracht hat. Die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Kontosperre kann als Beschwerdegegenstand in einem weiteren Verfahren angefochten werden. 

IV. Begründetheit

Die Beschwerde ist begründet.

User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung von ​TikTok​, den Inhalt von der Plattform zu entfernen, ungerechtfertigt ist. Der Inhalt verstößt nicht gegen die ​Richtlinie zu Hassrede oder hasserfülltem Verhalten und hätte auf dieser Grundlage nicht entfernt werden sollen. ​TikTok​ sollte den Inhalt daher wiederherstellen.

1. Prüfungsumfang

In ihrer Stellungnahme gegenüber User Rights erklärte die Online-Plattform, dass die Maßnahme aufgrund ihrer ​Richtlinie zu Hassrede oder hasserfülltem Verhalten​ erfolgt sei.

User Rights beschränkt die Prüfung auf die von der Plattform in ihrer Stellungnahme angeführte Regelung. Die Vereinbarkeit mit möglichen anderen Vorschriften wird nicht überprüft. Der Grund dafür ist, dass die Online-Plattform  gemäß Art. 17 DSA eine Maßnahme unter Angabe einer spezifischen Regelung in ihren Richtlinien begründen muss  (Art. 17 Abs. 3 e) DSA). Der Beschwerdegegenstand bestimmt sich damit maßgeblich danach, auf welche Regelung die Plattform ihre Maßnahme stützt. 

Sollte TikTok im Anschluss dieses Verfahrens feststellen, dass eine andere Richtlinie verletzt wurde, muss eine weitere Moderationsentscheidung getroffen und dem Nutzer eine neue Begründung übermittelt werden, die einen Hinweis auf diese Richtlinie enthält. Der Nutzer hat dann das Recht, diese Entscheidung gemäß Art. 20 oder Art. 21 DSA anzufechten. 

2. Inhaltliche Prüfung

User Rights stützt seine Entscheidung auf die aktuelle Fassung der Richtlinien der Online-Plattform.

Der Kommentar verstößt nicht gegen die Richtlinie zu Hassrede oder hasserfülltem Verhalten von TikTok. Der Text selbst enthält keine expliziten oder impliziten Angriffe auf eine geschützte Gruppe und scheint keine hasserfüllte Ideologie zu fördern. 

Die TikTok-Richtlinie zu Hassrede und hasserfülltem Verhalten verbietet Inhalte, die eine geschützte Gruppe angreifen oder diskriminieren. Geschützte Gruppen sind solche, die durch Attribute wie Ethnizität, Nationalität, Religion, Geschlecht usw. definiert sind. Die Richtlinie verbietet auch die Förderung von Gewalt, Diskriminierung oder hasserfüllten Ideologien. Es gibt Ausnahmen für Inhalte, die politische Debatten betreffen, solange sie keine Angriffe auf geschützte Gruppen beinhalten. 

Der Kommentar betrifft die hitzige politische Debatte rund um den Krieg zwischen Israel und Palästina. Es wird eine Haltung zu dem Konflikt, die sich in der Darstellung einer palästinensischen Flagge und eines Friedenszeichens ausdrückt, diskutiert. Der Kommentar enthält keine Diskriminierungen der israelischen oder palästinensischen Bevölkerung aufgrund ihrer Ethnizität, Nationalität oder Religion. Auch der Ausspruch eine Person sei nur dumm am Ende des Kommentars steht nicht erkennbar im Zusammenhang mit der geschützten Eigenschaft eines Diskussionspartners oder anderer Personen. Zu berücksichtigen ist, dass es sich um eine sehr aufgeheizte politische Debatte zu einer seit Jahren anhaltenden, stark komplexen Konfliktsituation handelt, in der ohnehin ein rauer Ton festzustellen ist. Außerdem ist das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zu beachten, wonach sie den Kommentar, welcher sich auf ihren eigenen Beitrag bezog, sarkastisch und selbstironisch an sich selbst gerichtet habe. 

Ein verbaler Angriff auf die geschützten Eigenschaften anderer Personen ist in jedem Fall auszuschließen. 

V. Ergebnis

User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass ​TikTok​s Entscheidung, den Inhalt von der Plattform zu entfernen, ungerechtfertigt war. Der Inhalt verstößt nicht gegen die ​Richtlinie zu Hassrede oder hasserfülltem Verhalten​ und hätte auf dieser Grundlage nicht entfernt werden sollen. ​TikTok​ sollte den Inhalt daher wiederherstellen.



Hinweis: Die Entscheidungen von außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen sind gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 3 DSA für Plattformen nicht bindend. Im Rahmen ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit nach Treu und Glauben gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 1 des DSA müssen Plattformen jedoch prüfen, ob Gründe gegen die Umsetzung der Entscheidung sprechen und die Streitbeilegungsstellen über die Umsetzung der Entscheidung informieren.

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