Gestohlene Identität

DÉCISION: UR_2025_24
APPROUVÉE
PLATEFORME
Instagram
NORME
Harcèlement et Intimidation
Spam et Contenus Trompeurs
LANGUE
Allemand
DATE
juillet 2025
MESURE
Contenu signalé maintenu en ligne

Entscheidung

- Aktenzeichen: ​XXXX​ -


 

In dem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren zwischen

 


 

XXXXXXXXX

- die beschwerdeführende Partei -

und


 

​Instagram​

- Online-Plattform –

wegen 


 

​Instagram​s Entscheidung, gemeldete Inhalte nicht zu löschen 

 


 

hat die zertifizierte außergerichtliche Streitbeilegungsstelle User Rights durch ihre Streitschlichter am ​17.07.2025​ entschieden:

 


 

User Rights stellt fest, dass ​Instagram​ das gemeldete Konto mit dem Benutzernamen XXXXXXXXXX sperren sollte. Laut der Instagram-Richtlinien kann die Plattform Benutzerkonten deaktivieren, wenn über dieses Konto Richtlinienverstöße erfolgt sind, die Schäden beinhalten, die eine Weiterleitung an die Strafverfolgungsbehörden rechtfertigen. Die Plattform sollte das Konto sperren, da hier der zentrale Zweck des Kontos darin besteht, andere Personen zu schädigen.  

 

I. Zusammenfassung

Die Beschwerde betrifft ein Instagram-Konto mit dem Benutzernamen XXXXXXXXXX, das Anschuldigungen gegen die beschwerdeführende Partei enthält und private Bilder ohne Zustimmung teilt. Die beschwerdeführende Partei meldete das Konto an Instagram. Die Plattform entschied jedoch, es nicht zu sperren. Die beschwerdeführende Partei wandte sich daraufhin an User Rights, um die Entscheidung überprüfen zu lassen.

User Rights stellt fest, dass das Konto gegen mehrere Instagram-Richtlinien verstößt, darunter die Richtlinien zur Kontointegrität, Kontoauthentizität sowie Belästigung und Mobbing. Das Konto imitiert die Identität der beschwerdeführenden Partei und enthält diffamierende Inhalte, die rechtliche Schritte rechtfertigen könnten. Aufgrund der zentralen Absicht, der beschwerdeführenden Partei mit dem Fake-Account zu schaden, empfiehlt User Rights die Sperrung des Kontos XXXXXXXXXX.

II. Sachverhalt

Die Beschwerde betrifft das Konto eines dritten Nutzers bzw. einer dritten Nutzerin mit dem Benutzernamen XXXXXXXXXX

Auf dem Profilbild des Accounts ist ein Text mit Anschuldigungen gegen eine Person - offenbar die beschwerdeführende Partei - u. a. wegen Fehlverhaltens und Untreue in einer Beziehung zu lesen. Auf dem Account wurde ein Beitrag veröffentlicht. Dieser zeigt ein Foto eines Mannes, der ein Mobiltelefon in der Hand hält und ein Selfie vor einem Spiegel macht. Auf dem Bild ist der Text "PLAYBOY" zu lesen. Der Account hat, wie die Entscheider dem von der beschwerdeführenden Partei eingereichten Screenshot entnehmen, keine Follower und folgt einem anderen Profil. 

Die beschwerdeführende Partei informierte Instagram über das Benutzerkonto XXXXXXXXXX, das ihrer Meinung nach mit den Plattformrichtlinien unvereinbar sei. Daraufhin teilte Instagram der beschwerdeführenden Partei mit, dass das Benutzerkonto nicht gesperrt würde. 

Am 21. März 2025 legte die beschwerdeführende Partei die Entscheidung von Instagram bei User Rights zur Überprüfung vor. Die beschwerdeführende Partei erklärte, jemand habe Benutzerkonten erstellt, gäbe damit vor, ihre Identität zu haben, und habe private Bilder von ihr geteilt. Der Profilname enthalte das Geburtsdatum der beschwerdeführenden Partei. Zudem sei ihr gedroht worden, dass (Nackt-)Bilder von ihr veröffentlicht würden. Instagram habe in allen Fällen offensichtlich keinen Grund zum Handeln gesehen. Jegliche Kontaktaufnahme sei erfolglos geblieben. Die beschwerdeführende Person sei extrem wütend auf den nicht vorhandenen Instagram-Support und bittet um Hilfe. Instagram erwiderte, dass die getroffene Maßnahme nur vorübergehender Natur war. Die Maßnahme sei mittlerweile abgelaufen und eine Streitigkeit im Sinne des Art. 21 Abs. 1 DSA im Zuständigkeitsbereich von User Rights liege nicht mehr vor. Folglich lehnte die Online-Plattform die weitere Teilnahme am Schlichtungsverfahren ab.

Am 21. März 2025 informierte User Rights Instagram über die Beschwerde bei User Rights und gab die Möglichkeit zur Stellungnahme. User Rights forderte Instagram auf, zusätzliche Informationen zur Rechtfertigung der getroffenen Moderationsentscheidung bereitzustellen. Instagram erwiderte, dass die getroffene Maßnahme nur vorübergehender Natur war. Die Maßnahme sei mittlerweile abgelaufen und eine Streitigkeit im Sinne des Art. 21 Abs. 1 DSA im Zuständigkeitsbereich von User Rights liege nicht mehr vor. Folglich lehnte die Online-Plattform die weitere Teilnahme am Schlichtungsverfahren ab.

III. Zulässigkeit

Die Beschwerde ist zulässig. 

User Rights ist zertifiziert, um Streitigkeiten zwischen Anbietern von Online-Plattformen und Nutzern in Bezug auf die Moderation von Inhalten, die auf einer Social-Media-Plattform auf Deutsch oder Englisch veröffentlicht wurden, zu entscheiden. Instagram ist eine Social-Media-Plattform. Der relevante Inhalt ist in Englisch verfasst, also in einer Sprache, für die User Rights zertifiziert ist. Die beschwerdeführende Partei informierte ​Instagram​ über das streitgegenständliche Konto. Sie ist der Ansicht, der Nutzer habe Inhalte gepostet, die gegen die Richtlinien der Plattform verstoßen. ​Instagram ​informierte die beschwerdeführende Partei, dass das Konto nicht gesperrt werde. Gemäß Art. 20 Abs. 1 a) und Art. 21 Abs. 1 DSA kann die Entscheidung, Benutzerkonten nicht zu sperren, bei der außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle User Rights überprüft werden. 

In ihrer Stellungnahme lehnte ​Instagram​ die Teilnahme am Schlichtungsverfahren ab. Plattformen können die Teilnahme an außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren verweigern, wenn die Streitigkeit außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Stelle liegt, wenn ein Streit über dieselben Informationen und dieselben Gründe für die mutmaßliche Rechtswidrigkeit der Inhalte oder ihre mutmaßliche Unvereinbarkeit mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits beigelegt wurde oder wenn keine Streitigkeit im Sinne von Artikel 21 DSA vorliegt. Nach diesen Maßstäben war die Ablehnung der Teilnahme am Schlichtungsverfahren nicht gerechtfertigt.

Entgegen der Auffassung von ​Instagram​ betrachtet User Rights den vorliegenden Fall als eine Streitigkeit im Sinne von Art. 21 DSA. Nach Auffassung von User Rights ist die Entscheidung von Instagram, das Konto auf der Plattform zu belassen, schon gar nicht abgelaufen. Dieses war zum Zeitpunkt dieser Entscheidung weiterhin auf Instagram zu finden. Selbst wenn jedoch von einer lediglich temporären bereits abgelaufenen Moderationsentscheidung auszugehen wäre, steht dies dem Vorliegen einer Streitigkeit nach Art. 21 DSA nicht entgegen. 

Wenn man der Position der Online-Plattform folgt, könnten beschwerdeführende Parteien keine Beschwerden gegen die Entscheidung der Plattform einlegen, temporär verfügbare Inhalte auf der Plattform zu belassen. Dies würde zu erheblichen Schutzlücken im Rechtsschutz führen, was nicht im Sinne des Art. 21 DSA sein kann.

IV. Begründetheit

Die Beschwerde ist begründet. 

1. Prüfungsumfang

Wenn Anbieter von Online-Plattformen entscheiden, Accounts nach einem Hinweis auf einen potenziellen Verstoß des Accounts bzw. der über den Account veröffentlichten Inhalte gegen Plattformrichtlinien auf der Plattform zu belassen, prüft User Rights ausschließlich, ob der Account bzw. die über den Account veröffentlichten Inhalte tatsächlich gegen die Richtlinien der Online-Plattform verstoßen. User Rights prüft in diesem Fall nicht, ob der Account bzw. die über den Account veröffentlichten Inhalte gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Dies gilt auch dann, wenn die beschwerdeführende Partei erstmalig gegenüber User Rights einen Gesetzesverstoß geltend macht.

2. Inhaltliche Prüfung

Der Inhalt verstößt gegen die Richtlinien der Online-Plattform. 

User Rights stellte fest, dass die für die Bewertung der über das Nutzerkonto verbreiteten Inhalte einschlägigen Richtlinien die Richtlinie zur Kontointegrität, die Richtlinie zur Kontoauthentizität und die Richtlinie zu Belästigung und Mobbing sind.

Die Richtlinie zur Kontointegrität sieht vor,  dass Instagram ein Konto deaktivieren kann, sofern dieses “gegen Gemeinschaftsstandards verstößt und die Verstöße Schäden beinhalten, die eine Weiterleitung an die Strafverfolgungsbehörden rechtfertigen, da die Gefahr eines unmittelbaren Schadens für die individuelle oder öffentliche Sicherheit besteht”

Zunächst ist also zu prüfen, ob der Account XXXXXXXXXX gegen andere Plattformrichtlinien verstößt. 

Ein Verstoß gegen die Richtlinie zur authentischen Identitätsdarstellung ist zu bejahen, da der Account den vermeintlichen Internetauftritt der beschwerdeführenden Partei nachahmt. Durch die Verwendung eines Fotos von der beschwerdeführenden Partei sollen andere Nutzerinnen und Nutzer darüber getäuscht werden, dass diese das Konto betreibt. 

Daneben ist ein Verstoß gegen die Richtlinie zu Belästigung und Mobbing festzustellen. Zum einen enthält der auf dem Profilbild sichtbare Text im Sinne der Richtlinie Behauptungen über Liebesbeziehungen der beschwerdeführenden Partei. Zudem werden negative Eigenschaften über deren Charaktereigenschaften getroffen. Auch der Ausdruck Playboy als Aufschrift auf dem Beitragsfoto suggeriert negative Charakterzüge bei der beschwerdeführenden Partei. 

Diese Verstöße führen wiederum zu Schäden, die eine Weiterleitung an die Strafverfolgungsbehörden rechtfertigen. So stehen in Ansehung des Profils, welches allein mit dem Ziel erstellt wurde, die beschwerdeführende Partei zu diffamieren und zu schädigen, die Straftatbestände der Beleidigung und Üblen Nachrede nach §§ 185, 186 StGB zur Diskussion. Dies ist insbesondere auf den Text auf dem Profilbild und die Bezeichnung “Playboy” zurückzuführen. Daneben kommt eine Strafbarkeit nach §§ 33 Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) aufgrund des widerrechtlichen Verbreitens eines persönlichen Bildnisses in Betracht. Auch ist eine Strafbarkeit nach § 126a StGB wegen des gefährdenden Verbreitens personenbezogener Daten (Doxxing) zu prüfen. 

Dass die Plattform ihr durch die Richtlinie zur Kontointegrität eingeräumtes Ermessen nutzt, um das streitgegenständliche Konto XXXXXXXXXX zu deaktivieren, ist mithin durchaus vertretbar. 

Aus Sicht der Entscheider verdichtet sich dieses Ermessen vorliegend zu einer Deaktivierungspflicht, weshalb die Empfehlung ausgesprochen wird, das Konto zu sperren. User Rights bezieht sich mit dieser Bewertung auf ein aktuelles Urteil des OLG Frankfurt vom 26.06.2025 – 16 U 58/24 (https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/olg-frankfurt-16u5824-hassprofile-facebook-konto-loeschung-persoenlichkeitsverletzung). Demnach überwiegt der persönlichkeitsrechtliche Schutz der beschwerdeführenden Partei hier gegenüber der unternehmerischen Freiheit von Instagram.  Die Einrichtung und Nutzung des streitgegenständlichen Accounts erfüllt nämlich allein den Zweck, die beschwerdeführende Partei in ihren Persönlichkeitsrechten zu schädigen. Hier muss auch Berücksichtigung finden, dass der Betreiber oder die Betreiberin des Kontos dieses nutzte, um der beschwerdeführenden Partei mit der Veröffentlichung von Nacktbildern, also auch hier mit der Begehung von Straftaten, zu drohen. 

Insgesamt empfiehlt User Rights die Sperrung des Accounts XXXXXXXXXX.

V. Ergebnis

User Rights stellt fest, dass ​Instagram​ das gemeldete Konto mit dem Benutzernamen XXXXXXXXXX sperren sollte. Laut der Instagram-Richtlinien kann die Plattform Benutzerkonten deaktivieren, wenn deren Richtlinienverstöße Schäden beinhalten, die eine Weiterleitung an die Strafverfolgungsbehörden rechtfertigen. Die Plattform sollte das Konto sperren, da hier der zentrale Zweck des Kontos darin besteht, andere Personen zu schädigen. 

Hinweis: Die Entscheidungen von außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen sind gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 3 DSA für Plattformen nicht bindend. Im Rahmen ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit nach Treu und Glauben gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 1 des DSA müssen Plattformen jedoch prüfen, ob Gründe gegen die Umsetzung der Entscheidung sprechen und die Streitbeilegungsstellen über die Umsetzung der Entscheidung informieren.



 

 

Download Decision
PDF