Gewaltaufruf

DÉCISION: UR_2025_23
DÉSAPPROUVÉE
PLATEFORME
Instagram
NORME
Violence et Incitation
LANGUE
Allemand
DATE
février 2025
MESURE
Compte suspendu

Entscheidung

- Aktenzeichen: XXXXX -


 

In dem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren zwischen

 


 

XXXXXXXXXX

- die beschwerdeführende Person -

und


 

​Instagram​

- Online-Plattform –

wegen 


 

​der dauerhaften Sperrung eines Accounts​ auf Grundlage von ​Instagram​s ​Gemeinschaftsstandards zu Gewalt und Anstiftung zu Gewalt​

 

hat die zertifizierte außergerichtliche Streitbeilegungsstelle User Rights durch ihre Streitschlichter am ​19.02.2025​ entschieden:

 

User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung, das Konto der beschwerdeführenden Person dauerhaft zu sperren, gerechtfertigt ist. Instagram ist laut seiner Richtlinien berechtigt, bei einem einzelnen besonders schwerwiegenden Verstoß oder, wenn Nutzer wiederholt trotz Verwarnungen Verstöße begehen, Benutzerkonten dauerhaft zu sperren. Ein einzelner besonders schwerwiegender Verstoß kann hier angenommen werden. Die Entscheidung der dauerhaften Kontosperrung kann aufrechterhalten werden. 

I. Zusammenfassung

Die Beschwerde betrifft die dauerhafte Sperrung des Instagram-Kontos der beschwerdeführenden Person, die einen Kommentar verfasst hat, dass Köpfe von Barzani rollen müssten. Instagram begründete die Sperrung mit einem Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards zu Gewalt und Anstiftung zu Gewalt. Die beschwerdeführende Person legte gegen diese Entscheidung Beschwerde bei User Rights ein.

User Rights hält die Entscheidung von Instagram aufrecht, da der Kommentar eine implizite Androhung von tödlicher Gewalt darstellt und gegen die Richtlinien verstößt. Der Ausdruck kann als Aufruf zu brutaler Gewalt gegen eine ethnische Gruppe verstanden werden, was eine dauerhafte Kontosperrung rechtfertigt. Die Maßnahme ist angemessen, um die Sicherheit der Plattformnutzer zu gewährleisten und Diskriminierung zu verhindern.

II. Sachverhalt

Die Beschwerde betrifft die dauerhafte Sperrung des Kontos der beschwerdeführenden Person. 

Die beschwerdeführende Person, welche ein Instagram-Konto mit dem Nutzernamen XXXXXXXXXX unterhält, hinterließ auf der Plattform den streitgegenständlichen Kommentar, dass Köpfe von Barzani rollen müssten. 

Am ​19. Juli 2024​ sperrte ​Instagram das Konto der beschwerdeführenden Person dauerhaft. Am 20. August 2024 legte die beschwerdeführende Person die Entscheidung von Instagram bei User Rights zur Überprüfung vor. Am 28. November 2024 informierte User Rights Instagram über die Beschwerde bei User Rights und gab die Möglichkeit zur Stellungnahme. In seiner Stellungnahme stützte Instagram die dauerhafte Kontosperrung auf beständige Verstöße gegen die Gemeinschaftsstandards zu Gewalt und Anstiftung zu Gewalt, nahm jedoch explizit nur auf den streitgegenständlichen Kommentar Bezug. 

User Rights forderte Instagram daher mehrmals - zuletzt am 03. Februar 2025 - dazu auf, zusätzliche Informationen zum Sachverhalt und zur Rechtfertigung der getroffenen Moderationsentscheidung bereitzustellen. Die Plattform reagierte darauf jedoch nicht. 

III. Zulässigkeit

Die Beschwerde ist zulässig. User Rights ist zertifiziert, um Streitigkeiten zwischen Anbietern von Online-Plattformen und Nutzern in Bezug auf die Moderation von Inhalten, die auf einer Social-Media-Plattform auf Deutsch oder Englisch veröffentlicht wurden, zu entscheiden. Instagram ist eine Social-Media-Plattform. Der relevante Inhalt ist in Deutsch verfasst, also in einer Sprache, für die User Rights zertifiziert ist. ​Instagram​ hat das Konto dauerhaft gesperrt. Die dauerhafte Sperrung von Benutzerkonten stellt eine Maßnahme dar, die gemäß Art. 20 Abs. 1 a) und Art. 21 Abs. 1 DSA bei der außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle User Rights überprüft werden kann. 

IV. Begründetheit

Die Beschwerde ist unbegründet.

Instagram ist laut seiner Richtlinie berechtigt, bei einem einzelnen besonders schwerwiegenden Verstoß oder, wenn Nutzer wiederholt trotz Verwarnungen Verstöße begehen, Benutzerkonten dauerhaft zu sperren. Ein einzelner besonders schwerwiegender Verstoß kann hier angenommen werden. Die Entscheidung der dauerhaften Kontosperrung kann aufrechterhalten werden. 

1. Prüfungsumfang

In ihrer Stellungnahme gegenüber User Rights erklärte die Online-Plattform, dass die Maßnahme aufgrund ihrer ​Gemeinschaftsstandards zu Gewalt und Anstiftung zu Gewalt​ erfolgt sei.

User Rights beschränkt die Prüfung auf die von der Plattform in ihrer Stellungnahme angeführte Regelung. Die Vereinbarkeit mit möglichen anderen Vorschriften wird nicht überprüft. Der Grund dafür ist, dass die Online-Plattform  gemäß Art. 17 DSA eine Maßnahme unter Angabe einer spezifischen Regelung in ihren Richtlinien begründen muss  (Art. 17 Abs. 3 e) DSA). Der Beschwerdegegenstand bestimmt sich damit maßgeblich danach, auf welche Regelung die Plattform ihre Maßnahme stützt. 

Sollte Instagram im Anschluss dieses Verfahrens feststellen, dass eine andere Richtlinie verletzt wurde, muss eine weitere Moderationsentscheidung getroffen und dem Nutzer eine neue Begründung übermittelt werden, die einen Hinweis auf diese Richtlinie enthält. Der Nutzer hat dann das Recht, diese Entscheidung gemäß Art. 20 oder Art. 21 DSA anzufechten.

2. Inhaltliche Prüfung

User Rights stützt seine Entscheidung auf die aktuelle Fassung der Richtlinien der Online-Plattform. 

Der veröffentlichte streitgegenständliche Kommentar stellt einen Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards zu Gewalt und Anstiftung zu Gewalt dar (a). Er ist als einzelner Verstoß auch derart schwerwiegend, dass er eine dauerhafte Kontosperrung zur Folge haben kann (b). 

a. Der Kommentar der beschwerdeführenden Person,  dass Köpfe von Barzani rollen müssten, verstößt gegen die Gemeinschaftsstandards zu Gewalt und Anstiftung zu Gewalt von Instagram.

Das Ziel der Gemeinschaftsstandards zu Gewalt und Anstiftung zu Gewalt ist es, potenzielle Gewalt abseits des Internets zu verhindern, die möglicherweise im Zusammenhang mit Inhalten auf der Plattform steht. Die Richtlinie zielt darauf ab, Beiträge zu entfernen, die zu Gewalttaten anstiften oder diese unterstützen und eine glaubwürdige Bedrohung für die öffentliche oder persönliche Sicherheit darstellen. Dabei wird auch gewaltverherrlichende Sprache gegenüber Personen oder Gruppen aufgrund ihrer geschützten Eigenschaften berücksichtigt.

Die spezifische Regel, die hier relevant ist, betrifft Gewaltandrohungen gegen unterschiedliche Zielpersonen. Diese werden als Äußerungen definiert, die eine Absicht, ein Bestreben oder einen Aufruf zur Gewalt gegen ein Ziel darstellen. Solche Drohungen können in verschiedenen Arten von Äußerungen zum Ausdruck gebracht werden, einschließlich Absichtserklärungen und Aufforderungen zum Handeln.

Im vorliegenden Fall stellt der Kommentar Barzani müssen ihre Köpfe verlieren, eine implizite Androhung von Gewaltakten dar. Der Ausdruck, dass Köpfe rollen müssten, impliziert eine Aufforderung zu einer schweren, brutalen, eventuell tödlichen Bestrafung und richtet sich vermutlich gegen Personen mit dem kurdischen Namen “Barzani”. Dies wiederum deutet darauf hin, dass die Drohung sich gegen Kurden als ethnische Gruppe richtet. 

Der Ausspruch könnte metaphorisch gemeint und im übertragenen Sinne zu verstehen sein. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, handelt es sich jedoch um gewaltverherrlichende Sprache gegen Personen mit bestimmten Eigenschaften, die Kurden als ethnische Gruppe, welche wie oben erwähnt durch die Gemeinschaftsstandards zu Gewalt und Anstiftung zu Gewalt ebenfalls verhindert werden soll. 

In der Zweckbeschreibung der Gemeinschaftsstandards zu Gewalt und Anstiftung zu Gewalt heißt es zudem: "Auch wenn uns bewusst ist, dass Menschen ihre Verachtung bzw. Geringschätzung oder Ablehnung häufig durch Drohungen oder Aufrufe zur Gewalt ausdrücken, die scherzhaft und nicht ernst gemeint sind, entfernen wir Beiträge, die zu Gewalttaten anstiften oder diese unterstützen und eine glaubwürdige Bedrohung für die öffentliche oder persönliche Sicherheit eines Einzelnen darstellen." Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die Richtlinie auch vor nicht ernst gemeinten, lapidar daher gesagten Gewaltandrohungen schützen soll, denn auch diese können eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder persönliche Sicherheit eines Einzelnen bedeuten. Im vorliegenden Fall deutet in dem Kommentar der beschwerdeführenden Person nicht einmal etwas auf einen Scherz hin. 

b. Der Verstoß durch den Kommentar ist derart schwerwiegend, dass er eine dauerhafte Kontosperrung rechtfertigt. So heißt es in Instagrams Richtlinien bzgl. der Deaktivierung von Konten, dass ein Instagram-Account auch nach einem schwerwiegenden Verstoß, wie z.B. dem Posten von Inhalten zu sexuellem Kindesmissbrauch, dauerhaft gesperrt werden kann. 

Die dauerhafte Kontosperrung stellt zwar einen schwerwiegenden Eingriff in die Meinungsfreiheit der beschwerdeführenden Person dar. Dennoch überwiegen die unternehmerische Freiheit von Instagram und dessen Interessen an der Plattformsicherheit. Besonders berücksichtigt werden muss, dass der Kommentar zu brutaler Gewalt gegenüber einer ethnischen Gruppe, den Kurden, aufruft. Diese Gruppe ist ohnehin in vielen Teilen der Welt Opfer von systematischer Verfolgung, Gewalt und Terrorismus. Ein solcher Kommentar kann dazu beitragen, Hass und Gewalt auch außerhalb der Plattform zu schüren und die öffentliche Sicherheit zu gefährden.

Im Interesse der Sicherheit der Plattform kann es Instagram nicht zugemutet werden, weitere Untersuchungen anzustellen, ob von dem Konto tatsächliche Gefahren innerhalb wie außerhalb der Plattform ausgehen. Aufgrund des hohen Gutes der Sicherheit der Plattformnutzer und ihres Schutzes vor Diskriminierung war die dauerhafte Kontosperrung als Moderationsmaßnahme angemessen. 

V. Ergebnis

User Rights kommt zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung, das Konto der beschwerdeführenden Person dauerhaft zu sperren, gerechtfertigt ist. Instagram ist laut seiner Richtlinien berechtigt, bei einem einzelnen besonders schwerwiegenden Verstoß oder, wenn Nutzer wiederholt trotz Verwarnungen Verstöße begehen, Benutzerkonten dauerhaft zu sperren. Ein einzelner besonders schwerwiegender Verstoß kann hier angenommen werden. Die Entscheidung der dauerhaften Kontosperrung kann aufrechterhalten werden. 




 

Hinweis: Die Entscheidungen von außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen sind gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 3 DSA für Plattformen nicht bindend. Im Rahmen ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit nach Treu und Glauben gemäß Artikel 21 Abs. 2 Satz 1 des DSA müssen Plattformen jedoch prüfen, ob Gründe gegen die Umsetzung der Entscheidung sprechen und die Streitbeilegungsstellen über die Umsetzung der Entscheidung informieren.



 

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